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China überholt Europa bei Autoproduktion

2013 könnten im Reich der Mitte erstmals mehr Autos vom Band laufen als in Europa. Hintergrund der Entwicklung sind die gegenläufigen Wachstumstrends auf den verschiedenen Kontinenten: Während der Autoabsatz in Fernost weiter boomt, steckt Europa weiter tief in der Euro-Krise fest. (Handelsblatt, 3.1.13)

Aus-ge-ropa-t – Kommentar von Frederik Kullmann, Los Angeles: Das Reich der Mitte gewinnt für die globale Autoindustrie rasend schnell an Bedeutung. Schon vor vier Jahren hatte China die USA als weltweit größten Absatzmarkt für Autos überholt – Nun steigt die Volksrepublik auch noch zum weltgrößten Produktionsstandort auf. Wer hier überrascht tut, lebt auf einer Insel oder verschließt die Augen vor der Realität. Dass in China – aufgrund der schieren Bevölkerungsgröße sowie des gigantischen Nachholbedarfs – mehr Autos abgesetzt werden als im beschaulichen Europa, mag einleuchte. Dass die Volksrepublik Europa aber den Rang als weltgrößten Standort für die Automobilproduktion abläuft, stimmt bedenklich. Noch vor wenigen Jahrzehnten rollte fast 40 % aller weltweit produzierten Karossen von europäischen Bändern – heute ist dies nur noch ein Bruchteil. Kaum sonst wo lässt sich der wirtschaftliche Bedeutungsverlust der alten Welt anschaulicher beobachten. Überraschend ist dennoch die Geschwindigkeit des Überholmanövers. Stellte China im Jahr 2000 gerade einmal zwei Millionen KFZ‘s her, so wird bald ein Viertel der weltweiten Automobilproduktion in dem Land der Superlative beheimatet sein. Europa wird sich in den kommenden Jahren warm anziehen müssen, will es als Produktionsstandort weiter ganz vorne mitspielen. Zur Ehrenrettung der Alten Welt ist auf die deutsche Automobilwirtschaft zu verwiesen. Diese hatte – allen voran VW – bereits vor Jahrzehnten den chinesischen Drachen am Schweif gepackt, produziert nun munter vor Ort und segelt gut gelaunt auf der asiatischen Erfolgswelle mit. Doch auch die Deutschen könnten irgendwann zum Opfer ihres eigenen Erfolgs werden, sollte es den Chinesen nämlich eines Tages gelingen, VW und Co. zugunsten eigener Produkte aus der Wertschöpfungskette zu drängen. Besonders trüb sieht es hingegen in den südeuropäischen Standorten aus: Mit ihren austauschbaren Modellen, ihren geringen Exportquoten sowie der Finanzkrise im Nacken werden von dorther auf absehbare Zeit kaum Impulse zur Wiederbelebung der europäischen Automobilproduktion zu erwarten sein. Doch auch hier gilt: Totgesagte leben oftmals länger und die Europäer haben schon viele Stürme erfolgreich gemeistert.

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