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Zukunftsforscher rechnet mit baldigen Durchbruch der E-Mobilität

Trendforscher Lars Thomsen prophezeit: 2016 wird die Nachfrage nach Benzinern massiv einbrechen. Parallel soll die E-Mobilität einen furiosen Aufschwung erleben. Der Erfolg des US-Sportwagenherstellers Tesla markiere den Beginn einer unumkehrbaren Trendwende. „Die Automobilindustrie verändert sich derzeit mehr als in den vergangenen 50 Jahren“, sagte Thomsen kürzlich auf einer Konferenz für Elektromobilität. Thomsen hat es sich zur Aufgabe gemacht, sogenannte Tipping Points vorherzusagen, also Punkte, an denen sich ganze Industriezweige für immer verändern. Sie können Konzerne in den Ruin treiben, wenn diese sie verschlafen. Das ließ sich etwa auf dem Handymarkt beobachten: Jüngst verscherbelte der einstige Marktführer Nokia seine Mobilfunksparte an Microsoft. Ein weiteres Beispiel sind die Pleiten der deutschen Fernsehhersteller, die den Trend zum Flachbildschirm verpassten. Oder der Untergang von Kodak: Digitale Fotografie machten die analogen Produkte von Kodak schlicht überflüssig. (Die Zeit online, 28.10.13/S–)

Am Scheideweg – Kommentar von Dr. Olaf Janke – Die Analysen des bekannten Trendforschers Lars Thomsen erscheinen uns als die wichtigsten Aussagen zur Zukunft der Elektromobilität im gesamten Jahr 2013. Fernab aller Lippenbekenntnisse von Absatzzahlen und phantasievollen Lippenbekenntnisse der Politik über die blühende Zukunft der Elektromobilität hat sich hier ein bislang treffsicherer Visionär des Thema angenommen und der Technik durchaus Zukunftspotenzial bescheinigt. Die Branche sollte hier genauestens hinhören. Vor allem Thomsons Aussagen zu den latenten Risiken für Unternehmen, die diesen potenziellen Megatrend verschlafen, sind einen zweiten Blick wert. Tatsächlich haben sich viele Industrien in der Vergangenheit eingeredet, dass sich die Technologie nie durchsetzt, die Konsumenten sie nicht wollen und man unanfechtbar ist. Doch die Skepsis von heute kann schnell die Pleite von morgen bedeuten, warnt Thomsen zu Recht. Genau an einem solchen Punkt steht nun die Autoindustrie. In der Tat sind zwei wesentliche Probleme der Elektrofahrzeuge – Preis und Reichweite – mittlerweile ausgeräumt, dank rasantem technologischen Fortschritt und fallender Preise. Eine Batterie würde künftig nur noch 120 US-Dollar pro Kilowattstunde kosten. Außerdem gibt es 2016 deutlich mehr Elektrotankstellen. Ein konventioneller Antrieb hätte dann einfach keine Vorteile mehr. Ähnlich wie sich überlebende Trends (z.B. die analoge Fotografie oder das Tastenhandy) würde sich die Technologie innerhalb weniger Jahre überholen.
Andererseits sind die Prognosen auch mit Vorsicht zu genießen: Thomson übersieht unseres Erachten die gewaltige und fast jahrhundertelange Verankerung der Verbrennungsmotorik in allen Ritzen des menschlichen Lebens und allen Gesellschaften auf der Erde. Anders als beim Röhren-TV oder der Analog-Fotografie – hier hinkt der Vergleich! – handelt es sich bei der Mobilität nicht um ein Nice-to-have, sondern um ein existenzielles Grundbedürfnis der Menschheit. Dass diese fest verkrustete Struktur innerhalb weniger Jahren revolutioniert und aufgebrochen wird, ist wohl eher ein Fall für Revolutionstheoretiker als für nüchtern denkende Kopfmenschen. Will heißen: Im Grundsatz hat Thomsen sicherlich recht: Der Verbrennungsmotor ist ein Auslaufmodell. Doch die Frage ist: wenn läuft dieses aus und durch was wird es ersetzt. Ob der Durchbruch bereits 2016 zu erwarten ist und ob überhaupt Strom der künftige Energieträger für die Mobilität von morgen sein wird, steht aus unserer Sicht in den Sternen. Vielmehr könnte der klassische Verbrennungsmotor durch eine Verlängerung des globalen Ölzyklus (als Folge neuer Fördermethoden wie Ölschiefersand und Fracking) noch ein paar Jahrzehnte Galgenfrist erhalten. Außerdem sind bislang alle Prognosen über den Durchbruch der E-Mobilität in der Vergangenheit über den Haufen geworfen worden – vom hehren Ziel der deutschen Bundeskanzlerin, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straßen zu bekommen ganz zu schweigen. Unser Fazit: Interessante Thesen mit Wahrheitsgehalt – doch erscheinen uns das Jahr 2016 sowie die ausschließliche Fixierung auf den Alternativantrieb „Elektro“ etwas starr und verkürzt.

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