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EU-Klimaschutzvorgaben – Deutschland auf Blockadekurs

Medienberichten zufolge geht Deutschland geht bei den umstrittenen EU-Klimaschutzvorgaben für Autos auf Blockadekurs. Auf deutschen Druck hin verschoben die EU-Botschafter eine für Donnerstag geplante endgültige Festlegung auf härtere Kohlendioxid-Grenzwerte bei Neuwagen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzte sich dabei persönlich für die Interessen der deutschen Oberklasse-Hersteller ein, hieß es übereinstimmend in Brüssel und Berlin. Tatsächlich gab die irische EU-Ratspräsidentschaft am Donnerstag dem deutschen Druck nach und verzichtete darauf, den in der Nacht zum Dienstag mit dem Europäischen Parlament vereinbarten Kompromiss zur Abstimmung zu stellen. Die Bundesregierung hat dadurch Zeit gewonnen, um eine Sperrminorität im Ministerrat zu organisieren und Erleichterungen für die deutschen Hersteller durchzusetzen. Ob ihr das gelingt, ist aber offen. (Frankfurter Allgemeine Zeitung online, 28.6.2013/S–)

Die Autokanzlerin – Kommentar von Dr. Olaf Janke – Wenn es um die Verteidigung der Interessen der deutschen Automobilwirtschaft geht, steht Bundeskanzlerin Angela Merkel ihrem Amtsvorgänger Gerhard Schröder in nichts nach. Gerüchten zufolge habe die Bundeskanzlerin höchstpersönlich beim irischen Ministerpräsidenten Enda Kenny interveniert, um die Abstimmung über den Kompromiss des EU-Parlaments über die künftigen EU-Klimaschutzvorgaben zu verschieben. Zuvor hatten die Unterhändler von Parlament und Ministerrat vereinbart, dass Neuwagen von 2020 an im Durchschnitt nur noch 95 Gramm statt heute 130 Gramm Kohlendioxid je Kilometer ausstoßen dürfen. Damit würde der Verbrauch von heute fünfeinhalb auf künftig vier Liter Kraftstoff je 100 Kilometer sinken. Der Vorstoß der Kanzlerin ist durchaus ambivalent zu sehen. Einerseits wird man hierzulande unbedingtes Verständnis dafür aufbringen, dass die Kanzlerin der deutschen Schlüsselindustrie schlechthin unter die Arme greift. Denn eine Reduktion des Flottenverbrauchs auf 4 Liter ist vor allem für die deutschen Premiumhersteller mit ihren verbrauchsstarken Boliden kaum erreichbar. Andererseits – hiervon ist der Autor dieser Kolumne überzeugt – leistet die Kanzlerin der Branche damit einen Bärendienst. Denn ohne politischen Druck wird die Motivation von Daimler und Co. auch in Zukunft wenig ausgeprägt sein, den CO2-Ausstoß wirklich radikal zu senken und hierfür massiv in Forschung und Innovation zu investieren. Denn angenehmer lebt es sich doch in der Komfortzone politischer Protegé. Doch wird die Kanzlerin das drohende Unheil nicht verhindern, sondern nur zeitlich hinauszögern können. Tatsache ist: Der politische Prozess hin zu sparsamen Autos ist unumkehrbar. Dinosaurier in der Branche, die dies nicht berücksichtigen, sind vom Aussterben bedroht. Die Kanzlerin täte deshalb gut daran, ihre Unterstützung an klare Vorgaben an die deutschen Autobauer zu koppeln, endlich ernst zu machen und wirklich spritsparende Modelle zu entwickeln. Andernfalls könnten sie ihre Zukunft verspielen. Und daran kann der Autokanzlerin mitnichten gelegen sein.

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