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Medienbericht attestiert Mahle und Behr „Kolbenfresser“

Ein Deal unter den Automobilzulieferern Behr und Mahle zeigt beispielhaft, warum Übernahmen häufig missglücken – nämlich am Missmanagement. Demnach hätten im Falle Behr Manipulationsvorwürfe gegen das Unternehmen das Ende „eines unglücklichen Übernahmeversuchs“ eingeläutet. Hintergrund: Ermittler der EU-Kommission waren dem Bericht zufolge „kürzlich mit einem schweren Verdacht in die Landeshauptstadt gekommen: Die Schwaben sollen mit den Konkurrenten Valeo und Denso seit 2002 den Markt für Klimaanlagen und Kühlsysteme manipuliert und so für einige Großaufträge überhöhte Preise kassiert haben.“ Die Folgen für das Unternehmen seien „gravierend“: Behr drohe nicht nur eine Strafe in dreistelliger Millionenhöhe. Die Durchsuchung bedeute auch das vorläufige Ende eines unglücklichen Übernahmeversuchs durch den Stuttgarter Kolbenspezialist Mahle. „Mahle-Chef Heinz Junker wähnte sich (bereits) am Ziel: Endlich sollte sein Konzern von sechs Milliarden Euro Umsatz auf rund zehn Milliarden Euro wachsen – und sich zur Nummer vier der deutschen Automobilzulieferer aufschwingen. Doch jetzt, angesichts der dräuenden Kartellbuße, steht alles auf Stopp …“, so die bittere Konsequenz.

Laut „Manager Magazin“ seien Mahle und Behr mit ihren Problemen nicht allein. Studien würden belegen: „Mindestens jede zweite Unternehmensübernahme geht schief. Die beiden schwäbischen Automobil-Mittelmächte jedoch haben fast alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Der Deal war schlecht vorbereitet, die Integration nicht durchdacht. Die Mitarbeiter wurden nicht mitgenommen. Vor allem verstießen die beiden Fusionswilligen gegen die eiserne Grundregel jeder Übernahme: Speed, Speed, Speed. Das Ergebnis ist ein Lehrstück der abschreckenden Art.“ Jan Dannenberg, Geschäftsführer der auf die Autoindustrie spezialisierten Unternehmensberatung Berylls, sieht die Defizite u.a. in dem Versuch, eine Fusion auf Augenhöhe zu gestalten: „Eine Partei muss das Sagen haben, die andere muss sich fügen. Dafür muss allerdings auch klar sein, wer die Mehrheit hat“, so der Experte. „Ohne Durchgriff des Käufers kam es, wie es kommen musste. Etliche hochklassige Behr-Manager verließen den Konzern, heuerten bei Konkurrenten … an.“ Hierzu heißt es: „Verärgert beobachteten die Behr-Manager, dass der Personalaustausch eine Einbahnstraße war. Wo Volkswagen nach der Porsche-Übernahme Vertrauen schuf, indem einige Toppositionen in der Wolfsburger Konzernzentrale an Porsche-Zöglinge vergeben wurden, blieb Behrs Spitzenkräften der Weg in Mahles Topmanagement verschlossen.“ In dieser Situation habe Mahle die Gelegenheit genutzt, um eigene Gefolgsleute zu installieren.

Laut „Manager Magazin“ könnte das Behr-Abenteuer für Mahle noch ein weiteres Nachspiel haben, denn: „Mahle könnte selbst unter etwaigen Kartellverstößen durch Behr leiden. Sollten sich die Vorwürfe erhärten sowie in die letzten drei Jahre hineinreichen und sollten die Behörden zu dem Schluss kommen, dass die Unternehmen bereits eine wirtschaftliche Einheit bilden, würde das wohl nicht nur für Behr, sondern auch für Mahle sehr teuer.“ Die EU könnte argumentieren, dass Mahle de facto Behr kontrolliert. Dafür müsse Mahle noch nicht einmal zwingend eine Anteilsmehrheit halten, wird ein Kartellrechtsexperte. Ausführlich beleuchtet der Beitrag die Hintergründe des Debakels, die bis weit in das Jahr 2009 hineinreichten. Das Generalfazit des Autors lautet: „Keine schönen Aussichten für einen Zusammenschluss unter Freunden. Die Eiszeit in Stuttgart wird wohl noch eine Weile anhalten.“

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